Entlang der Schärenküste

19. Tag. Mittwoch, 09.06.2010. Von Norrfällsviken nach Bergfjärden. Übernachtung: Bergfjärdens Camping 

 

Es regnet seit gestern. Die ganze Nacht schon. Wir fahren weiter entlang der Küste und das Wetter bessert sich etwas. Hier ragen viele Industrie-Schornsteine und Schlote in den Himmel, die teilweise erbärmlich qualmen und stinken. Zumindest bin ich mit der schwedischen Gurke versöhnt: hab  mir heute mal den Kassenzettel näher angesehen und muss eingestehen, dass es sich um Kilo- und nicht um Stückpreise gehandelt hat. Wir sind also weit entfernt von norwegischen Verhältnissen und heute Abend wird es eine große Schüssel Gurkensalat zum (immer noch) gekauften Fisch geben.

 

Bei Sundsvall lassen wir unser Gasflasche neu füllen. Der Verbrauch war durch die kalten Nächte in Lappland ziemlich hoch. Die Tausch- und Füllstationen für deutsche Flaschen sind in Schweden dünn  gesät. Im gesamten Norden sind wir nur auf zwei Adressen gestossen!

Das Befüllen der Flasche (im zweiten Anlauf klappt es dann doch) wirkt so improvisiert wie der Bau. Ein altes, verfallenes Backstein-Industriegelände, das gut für die Kulisse eines schwedischen Krimis taugen würde. Aber vielleicht lese ich einfach zu viele schauerliche skandinavischen Kriminalgeschichten?!
Sonst habe ich für heute nichts Spektakuläres zu berichten. Nachmittags buddeln die Kinder in Sichtweite am Strand während ich (zur Urlaubshalbzeit) das WoMo putze und -bitte nicht lachen- über die Anschaffung eines zugegebenermassen ziemlich spießigen Handstaubsaugers nachdenke. Und, ganz verwegen: Eine kleine Camping-Miele für die WoMo-Garage kommt mir auch in den Sinn. Hach, eine portable Tvätt-Stuga wär schon was!

20. Tag. Donnerstag, 10.06.2010. Von Bergfjärdens entlang der Jungfrukusten nach Hölick. Übernachtung: Hölicks Natur-Camping

 

Eine Dusche wird gut tun! Die 10 Kronen-Münze in den Schlitz gesteckt und es wird weniger als 10 Sekunden dauern, bis ich schmerzhaft feststellen muss, dass der Temperaturregler kaputt ist. Fix und alle! Ein Schrittchen zurück soll mich vor dem glühend heiss sprudelnden Geysir von Norrland bewahren und schon klebt mir der Duschvorhang am Hintern. Ist das eklig! Nicht ausschließlich dem Muster nach zu urteilen stammt das Plastik-Monster aus der Haushaltsauflösung einer Hippie-Kommune Ende der 60er Jahre. Ich habe die Wahl zwischen einer Hauttransplantation nach Vollkontakt mit einer kochenden Wassersäule vor mir und heimtückisch lauernden Pilzen, Keimen & Co aus dem Modell "Che Guevara" hinter mir. Ich stehe mit dem Rücken zur Wand. Und ich bin nachtragend. Wir reisen ab!

 

Auch wenn die Temperaturen nicht mit Euch zu Hause konkurrieren können, ist der Strand schon morgens um neun mit zig Schulkindern bevölkert. Wir sind übrigens eindeutig als Touristen auszumachen. Während wir unseren Kindern bei 15 Grad Jacken und Mützchen wegen des Windes aufdrängen, stürzen sich die ersten schwedischen Kinder ins Meer! Wenn der Campingplatz nur etwas mehr taugen würde, würden wir glatt noch einen weiteren Tag bleiben.

 

Wohin? Über die Jungfrukusten zur Landzunge in ein Natrurreservatan mit Fischerdörfchen und Sanddünen oder ins Landesinnere, das Bauernschlösser, Seen und Kuhweiden verspricht? Wir entscheiden uns für ersteres und verbringen den Nachmittag an einer schönen abgelegenen Badebucht. Und während wir so im Sand liegen, die Möwen beobachten und ein Bierchen aus dem Picknick-Korb zwitschern überlegen wir kurz, ob Neusäß-29Grad-Titania mit Hölick-19 Grad-Sanddünde konkurrieren kann?!

21. Tag. Freitag, 11.06.2010. Von Hölick nach Gävle. Übernachtung: Furuvik Camping

 

Die Ernücherung kommt schnell. Der Himmel ist heute morgen trüb und alle Zeichen stehen auf Regen.
Wenn man den trüben Tagen etwas abgewinnen mag, dann vielleicht so viel, dass die Kinder abends um halb neun in den Betten liegen und schlummern. Und wir konnten in den letzten 6 Jahren nicht so viel lesen und schlafen! Überhaupt können wir sagen, dass das Reisen mit den Kindern sehr entspannt läuft. Die beiden finden gleich ob Wald, Wiese oder Strand eine Beschäftigung und an Regentagen wird im WoMo gespielt, gebastelt und gelesen. Auf Anna bin ich sehr stolz. Sie liest inzwischen flüssig ganze Geschichten und übernimmt auch schon mal das abendliche Vorlesen für David. Richtig süß!

 

Den (noch regenfreien) Vormittag verbringen wir mit einer Wanderung durch den knorrigen Wald. Am Nachmittag wollen wir weiter Richtung Gävle/Stockholm. Es wäre nicht schlecht, wenn wir einen Platz mit Antennenempfang hätten und das WM-Eröffnungsspiel gucken könnten!
Wie es dann kam?
- Auf dem Parkplatz bei Lidl (wo ich übrigens Mineralwasser importiert aus Deutschland kaufe und mich frage, was das denn für einen Sinn macht) beschliesst David, dass er nach der Wanderung heute morgen dringend sein Schläfchen braucht. Wir schaffen es noch 400 Meter weiter und die Fahrt stockt für mehr als zwei Stunden auf dem Parkplatz von Mc Donald´s. Schlafen geht vor!
- Wir machen einen Umweg von 30 km zu "Akerbloms Fisk & Rökeri", die ihren Fisch in frischem Tannengrün räuchern. Riechen tut es ja schon mal lecker. Im Fenster hängt ein Schildchen:  "STÄNGT".
-Wir landen auf einem nicht gerade schönen Campingplatz ohne TV-Empfang. Das war´s dann auch mit dem Eröffnungsspiel.
- Und natürlich: Regen!

22. Tag. Samstag, 12.06.2010. Von Gävle über Öregrund zur Schäreninsel Gräsö. Übernachtung: Gräsö Camping

 

Bei strömendem Regen starten wir morgens Richtung Stockholm. Durch ländliches Gebiet, Gehöfte und kleinere Ortschaften kommen wir nach Lövstabruk, eine alte Eisenhütten-Siedlung. Der Spaziergang durch die Gärten macht wetterbedingt eher weniger Spaß. Das Kuchenbuffet im Cafe tröstet uns!
Im hübschen Küstenstädtchen Öregrund lässt der Regen nach und wir entdecken in der Tourist-Information die Schäreninsel Gräsö, die man über die (kostenlose) Kurzfähre erreichen kann. Also hin!
Auf dem Inselchen stürmt es heftig. Dass es regnet, brauche ich nicht weiter zu erwähnen, oder?! Thomas bastelt grummelnd -mit der Sat-Anlage im WoMo wurde es ja nix- am Läppi und der Antenne rum und Tadaaaa! Wir empfangen schwedisches Fernsehen und schauen Argentinien-Nigeria. Das wäre für das Deutschland-Spiel morgen doch schon mal eine Option!

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LIEBE Grüße aus Stockholm